Jahrgangsreport 8: Reinzuchthefen sind echte Killer

In der letzten Folge der Winzersoap hatte ich ja schon eingängig über die Hefen berichtet, die für den Gärprozess in Einsatz kommen. Und über die Gefahren, die dem Winzer in seinem eigenen Weinkeller auflauern. Sie erinnern sich? Die Kerzen. Aber das ist noch lange nicht alles. Denn die Reinzuchthefen, die ich für den Gärprozess nutze, sind im wahrsten Sinne des Wortes Killer.

Killer-Phänotypen in die Fässer

Das klingt jetzt erst einmal ziemlich martialisch. Und ehrlich gesagt ist es das auch. Zumindest für die wilden Hefen, die sich während des Gärprozesses in den Fässern bilden. Denen wird nämlich der Garaus gemacht. Sobald ich die ausgewählten Reinzuchthefen in die Fässer einbringe, zerstören sie die wilden Hefen um sich im Anschluss intensiv zu vermehren. Die Vermehrung kann man durch die gezielte Versorgung durch Nährstoffe während der Gärung noch weiter begünstigen.

Was hat ein nachhaltiger Winzer gegen wilde Hefen?

Diese Frage darf ja mal gestattet sein. Man sollte annehmen, dass gerade eine Weinmacherfamilie, die so viel Wert auf Nachhaltigkeit und Handarbeit legt auch mit den bestehenden, also natürlichen Hefen arbeiten sollte oder? Tatsächlich ist die Vergärung der Maische mit wilden Hefen eine der zahlreichen und sich ständig ändernden Moden in der Weinherstellung. Aber nur weil etwas natürlich entsteht, heißt das nicht automatisch, dass das Ergebnis, also der Wein auch genießbar ist. Im schlimmsten Falle schmeckt das Getränk, das man kaum noch als Wein bezeichnen mag, zum Davonlaufen.

Spurensuche: so finde ich die richtigen Reinzuchthefen

Da mein Ziel die Herstellung richtig guter Weine und nicht ungenießbarer Getränke ist, überlasse ich die Gärung also nicht dem Zufall. Bereits vor der Lese versuche ich herauszuschmecken, was in den Trauben steckt und in welche Richtung sich der Wein, den ich aus diesen Traube gewinne, entwicklen könnte. Natürlich verlasse ich mich nicht nur auf meine Geschmacksnerven, sondern ergänze meine subjektiven Annahmen durch objektive Messergebnisse. Fruchtzuckergehalt, Säuregehalt, der ph-Wert und ähnliche Werte geben Aufschluss über die passenden Reinzuchthefen. Bis ich die richtigen Hefen für meine Trauben ermittelt habe, können einige Tage ins Land ziehen. Erst wenn ich absolut sicher bin, die richtigen Hefen für meine Jahrgänge gefunden zu haben, bin ich zufrieden.

Für jede Rebsorte die passende Hefe

Natürlich verwende ich auch nicht eine Reinzuchthefe für alle Rebsorten, sondern ermittle die Hefe zu jeder Rebsorte im jeweiligen Jahr. Denn die Hefe, die das beste aus meiner Gratz Merlot »M« holt, muss nicht auch automatisch dem Gratz Cabernet Sauvignon »C« schmeicheln. Sind schließlich zwei ganz unterschiedliche Typen. Deswegen versteht es sich für mich auch von selbst, dass bei meiner Gratz Cuvée »X« nicht die Rebsorten gemeinsam vergäre, sondern die Weine sortenrein ausbaue, um daraus im Folgenden die Cuvée zu kreieren. Wie die Gold- und Silbermedaille beim awc vienna Tasting zeigen, liege ich mit meiner Herangehensweise vermutlich gar nicht so falsch.

To be continued…

Hier geht es zu den anderen Teilen unserer Winzersoap:
Winzersoap Teil 1: Traubenlese & Winzerromantik?
Winzersoap Teil 2: Zucker & Matsch 
Winzersoap Teil 3: Zeit ein Fass aufzumachen
Winzersoap Teil 4: Gespräche im Weinberg
Winzersoap Teil 5: Feste feiern, wie sie fallen
Winzersoap Teil 6: Die Saignée Methode
Winzersoap Teil 7: Der Duft nach Hefe