Jahrgangsreport 7: Der Duft nach Hefe

Heute riecht es im ganzen Haus köstlich nach Hefe. Jedoch nicht, weil Dorothee oder ich ganz antizyklisch Lust auf ungarisches Osterbrot bekommen haben. Vielmehr werden heute die Reinzuchthefen für unsere Weine angesetzt. Für jede Rebsorte haben wir eine eigene Hefe gewählt, die den Gärungsprozess der jeweiligen Sorte ideal unterstützt.

Hefe ansetzen

Die Reinzuchthefen kommen als Granulat zu uns. Um sie zu aktivieren und an den hohen Zuckergehalt des Traubensafts in den Fässern zu gewöhnen, setzen wir die Hefe erst in 37 Grad warmer Zuckerlösung an. Dafür streuen wir das Granulat vorsichtig in die Lösung und bringen es durch vorsichtiges Einrühren langsam in die Schwebe. Nach 20 Minuten hat sich die Hefe bereits stark vermehrt und kann nun den Weg in den Weinkeller antreten. Das muss schnell gehen, da starke Temperaturschwankungen zu einem Schock führen und die Kultur zerstören könnten.

Aus Zucker wird Alkohol

Über Stehleitern gelangen wir an unsere Fässer, in die wir die Reinzuchthefen geben. Natürlich schütten wir nicht einfach π x Daumen Hefe in die Fässer. Die Mengen haben wir zuvor genau errechnet, um das Ergebnis zu erzielen, das wir uns wünschen. Die Fässer werden nun verschlossen und mit Gärspunden versehen, damit das in den Fässern entstehende Kohlendioxid entweichen, jedoch keine Luft in die Fässer gelangen kann. Das ist wichtig, damit die Fässer im Gärprozess nicht explodieren und gleichzeitig die Oxidation der Maische durch die Berührung mit Sauerstoff verhindert wird. Durch den nun einsetzenden Gärprozess wird der hohe Zuckergehalt im Traubensaft in Alkohol umgewandelt.

Gefährliche Dämpfe

Während des Gärprozesses in den Fässern werden Gärgase freigesetzt, die für uns Winzer eine nicht zu vernachlässigende Gefahrenquelle darstellen. Die normalen Gärgerüche, die man aus Weinkellern kennt, lassen dabei keinerlei Rückschlüsse auf die Gärgaskonzentration zu. Denn die Gärgase sind absolut geruchsneutral und bereits ab einer Konzentration von 9% in der Luft innerhalb von 10 Minuten tödlich. Die Gärgase die schwerer als Luft zu Boden sinken, breiten sich langsam wie ein ansteigender See aus. Dabei führen die Gase erst zu einer munteren Berauschtheit, die jedoch innerhalb kürzester Zeit zu starker Benommenheit und anschließender Ohnmacht bis hin zum Erstickungstod führen.

Gärgase und Kerzenschein

Aber wie kann man dieser Gefahr entgehen? Häufig werden Kerzen verwendet, deren Flamme bei zu hoher Kohlendioxid-Konzentration einfach erlischt. Sollten Sie jedoch mit dem Gedanken spielen, den Beruf des Winzers zu ergreifen, möchte ich Ihnen von dieser Methode dringend abraten. Denn die Flamme der Kerze erlischt erst ab einer 14%igen Gärgaskonzentration und da ist es für den Menschen leider schon zu spät. Die Kerze ist also als Lebensretter absolut ungeeignet. Damit wir auch im Folgejahr noch einen Jahrgangswein anbieten können, setzen wir daher auf die gute Durchlüftung des Weinkellers, ein ständiges Absaugen der Gärgase und ein Kohlenstoffdioxid-Warngerät. Ist zwar um einiges weniger romantisch, als ein Weinkeller im Kerzenschein, aber Sie wissen ja wie weit es mit der Winzerromantik her ist. Und wir hängen einfach zu sehr an unseren Leben.

To be continued…

Hier geht es zu den anderen Teilen unserer Winzersoap:
Winzersoap Teil 1: Traubenlese & Winzerromantik?
Winzersoap Teil 2: Zucker & Matsch 
Winzersoap Teil 3: Zeit ein Fass aufzumachen
Winzersoap Teil 4: Gespräche im Weinberg
Winzersoap Teil 5: Feste feiern, wie sie fallen
Winzersoap Teil 6: Die Saignée Methode